Unsere zehn Glocken und ihre Leitworte
Die zehn Glocken unserer beiden Kirchen rufen zum Gottesdienst und zum Innehalten im Alltag. Ihre Namen und die eingegossenen Schriftworte erzählen von unserem Auftrag als Evangelischer Gemeinde und den biblischen Grundlagen unseres Glaubens. Sie sind ein hörbares Verbindungsstück zwischen Gemeindeleben und Stadtteilleben.
Im Zusammenklang und beim Erklingen bestimmter einzelner Glocken zu besonderen Anlässen öffnet sich Gemeinde für das, was die Leute im Stadtteil bewegt. Andererseits laden die Glocken auch Menschen ein, unsere evangelische Gemeinde kennen zu lernen und mit zu gestalten.
Die klangliche Abstimmung mit den Glocken der katholischen Gemeinden weisen auf unsere ökumenische Verantwortung hin, soziale, ökonomische und konfessionelle Grenzen zu überschreiten und Christsein in unserer Gesellschaft glaubwürdig zu leben.
Für uns sind die Glocken Leitsymbole für das Gemeindeleben. Deshalb haben wir die ihnen zugeschriebenen Bibelworte als Grundlage für unsere Gemeindearbeit gewählt. Dabei haben wir die Aussage dieser Bibelworte auf unsere Gegenwart bezogen.
Und das sind die „Grundtöne unseres Glaubens“:
Gottesdienst und Verkündigung („Ich bin die Auferstehung und das Leben“; Johannes 11,25)
- Gottesdienst und Verkündigung („Ich bin die Auferstehung und das Leben“; Johannes 11,25)
- Kirche für andere (Dienet einander“; 1. Petrus 4,10)
- Friede („Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“; Lukas 1,79)
- Gerechtigkeit („So lernen die Bewohner des Erdkreises Gerechtigkeit“; Jesaja 26,9)
- Bewahrung der Schöpfung („Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte“; 1. Mose 2,15)
- Lebensstationen („Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein“; Jesaja 43,1)
- Kinder und Jugend („Die mich frühe suchen, finden mich“; Sprüche 8,17)
- Magnifikat/ Lobgesang der Maria („Meine Seele erhebt den Herrn und mein Geist freut sich Gottes“; Lukas 1,46f)
- Gemeinschaft der Mitarbeitenden („Dein Wille geschehe“; Matthäus 6,10)
- Gemeinde öffnen („Herr lehre uns beten“; Lukas 11,1)
Diese zehn Glocken rufen zum Gottesdienst, sie ordnen die Zeit und sie mahnen zu verantwortungsbewusstem Handeln.
Ihre Namen stehen für 10 Kennzeichen und 10 Leitsätze unserer Gemeinde:
- Unsere Gemeinde will ein Ort sein, wo die Gute Nachricht von Gott durch Jesus Christus in der Bibel öffentlich zu Wort kommt, wo das Leben gefeiert wird, wo gesungen wird, wo Freude und Leid, Hoffnung und Verzweiflung in Liedern, Riten, Gebeten und Gebärden geteilt werden (Gottesdienst und Verkündigung).
- Unsere Gemeinde will ein Ort sein, an dem Menschen aufgerufen und darin geübt werden, generationsübergreifend aufeinander zu achten und einander anzusprechen auf mehr Verantwortlichkeit hin. Sie ist Freiraum und Schutzzone zugleich für Menschen, die ihn brauchen. In Seelsorge und sozial-diakonischer Arbeit setzen wir bei den Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten an und nicht bei den Defiziten. (Diakonie vor Ort und weltweit/ Kirche für andere).
- Unsere Gemeinde will ein Ort sein, an dem große und kleine Menschen nicht an das Recht des Stärkeren, an die Stärke der Waffen, an die Macht der Unterdrückung glauben müssen, sondern daran, dass Friede und Versöhnung erreichbar sind. (Friede)
- Sie will ein Ort sein, an dem Anwaltschaft für die Sprach- und Machtlosen in Fürbitte und tätigem Einsatz praktiziert wird; ein Ort, an dem Menschen aus dem Scheuklappendenken einer selbstzufriedenen Umwelt ausbrechen und Widerspruch gegen die Mächte erheben, die uns gefangen halten (Gerechtigkeit).
- Unsere Gemeinde will ein Ort sein, an dem ihre Verbundenheit mit der Welt (Ökumene) und dem Wohl der Erde (Bewahrung der Schöpfung) Ausdruck findet.
- Unsere Gemeinde will Begleiterin sein auf allen Lebensstationen (z.B. Taufe, Konfirmation, Trauung/Partnerschaftssegnung, Scheidung, Beerdigung). Unsere Gemeinde steht für Dauerhaftigkeit in einer wechselhaften Welt. (Lebensstationen)
- Unsere Gemeinde will ein Ort sein, an dem Kinder und Jugendliche Heimat finden, Orientierung erfahren und die ihnen von Gott geschenkten Gaben entfalten können. So ist die christliche Erziehung in unserer Kindertagesstätte ein besonderer Schwerpunkt unserer Gemeindearbeit. Jugendliche finden in unserer Gemeinde Gesprächspartner bei der Orientierungssuche, Treffpunkte für Spiel und Spaß, Lernorte für ein verantwortungsbewusstes Leben mit und für andere. (Kinder und Jugend).
- In unserer Gemeinde wird mit Musik gelebt, gebetet, geklagt und gefeiert. Singend, musizierend und hörend wird in unserer Gemeinde die Gute Nachricht weitergesagt und erfahren. Traditionell ist auch die Kirchenmusik ein Schwerpunkt unserer Gemeindearbeit. Das Magnifikat, der Lobgesang der Maria, erinnert uns immer wieder an das Eintreten für Gerechtigkeit, an die Lebensfreude in der Musik zum Lobe Gottes, und auch an den Beitrag der vielen aktiven ehrenamtlichen Frauen in unserer Gemeinde, deren Arbeit oft im Hintergrund geschieht. (Magnifikat/ Lobgesang der Maria)
- In unserer Gemeinde arbeiten haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende weitgehend selbstständig, werden darin auch ermutigt, befähigt und qualifiziert, aber fühlen sich der „gemeinsamen Sache des Evangeliums“ verpflichtet. Wir vergewissern uns in Gottesdienst, Bibelstudium, Gespräch und Gebet immer wieder darüber, was zu tun ist und in welchem Zusammenhang die Arbeit des/der einzelnen zu den Zielen und Werten der Gemeinde steht. Gemeindedemokratie heißt für uns: einander Fragen zu stellen und mit Gottes Wort gemeinsam nach Antworten zu suchen. (Dienstgemeinschaft)
- Unsere Gemeinde will ein Ort mit offenen Türen sein, in der Gastfreundschaft gelebt, Suche nach Orientierung und Begegnung im Stadtteil und über die Gemeindegrenzen hinaus gefördert werden. Wir wollen ein Ort sein, an dem Menschen ihrer eigenen Trägheit misstrauen und von einer wirklich friedlichen und gerechten Welt träumen dürfen. (Visionen erden)
Theologische Anmerkungen zu den Leitsätzen
Zu 1:
Gottesdienst und Verkündigung gehören seit Anbeginn der Kirche zum Herzstück des Gemeindelebens. Sie geschieht vor allem an jedem Sonntag zur Erinnerung an Kreuz und Auferstehung Jesu und das Kommen des Reiches Gottes. Unsere Gemeinde will aber auch über den Sonntag hinaus ein Ort sein, wo die gute Nachricht von Gottes Liebe durch Jesus Christus in der Bibel öffentlich zu Wort kommt, wo das Leben gefeiert wird, wo gesungen wird, wo Freude und Leid, Hoffnung und Verzweiflung in Liedern, Riten, Gebeten und Gebärden geteilt werden.
Zu 2:
Diakonie ist eine wesentliche Lebensäußerung der christlichen Gemeinde. Sie gründet auf Nächstenliebe, die von Jesus Christus vorgelebt wurde und der Kirche aufgetragen ist.
Wir verstehen uns als „Kirche für andere“ (Dietrich Bonhoeffer). Unser diakonisches Handeln orientiert sich an den Schwächsten in der Gesellschaft, tritt solidarisch für ihre Rechte ein und wendet sich helfend und unterstützend den Menschen zu. Dabei setzen wir bei den Stärken und Entwicklungsmöglichkeiten an und nicht bei den Defiziten.
Zu 3:
Für uns Christen ist der „Schalom Gottes“ (gerechter Friede) das erste und das letzte Wort des Glaubens. Er bedeutet Verheißung und Anspruch zugleich. Dem Friedensdefizit der Menschheit entspricht der Friedenskredit Gottes. Dem wollen wir entsprechen durch ein eindeutiges friedensethisches Zeugnis.
Zu 4:
Die Gerechtigkeit Gottes lässt uns als Christen neue Prioritäten setzen.
Wenn wir also im Anschluss an die 1. These der Theologischen Erklärung von Barmen (1934) Gott mehr vertrauen als den Menschen, Strategien und Mächten, dann muss Kirche ein Ort sein, an dem Anwaltschaft für die Sprach- und Machtlosen in Fürbitte und tätigem Einsatz praktiziert wird, ein Ort, wo Widerspruch gegen die Mächte erhoben wird, die uns und andere gefangen halten.
Zu 5:
Als evangelische Christen sind wir dem Prinzip der „Einheit in Vielfalt“ (Ökumenischer Rat der Kirchen) verpflichtet. Wir treten ein für die Verbundenheit mit der Welt (Ökumene) und für das Wohl der Erde (Bewahrung der Schöpfung). Exemplarisch leben wir diese „Einheit in Vielfalt“ durch unsere Beziehungen zu Partnergemeinden in Ost-Java/ Indonesien und North Carolina/ USA.
Zu 6:
Die Zusage von Gottes Begleitung auf allen Lebensstationen („Siehe, ich bin bei euch alle Tage…“) wie z.B. Taufe, Konfirmation, Trauung/ Partnerschaftssegnung, Scheidung, Krankheit, Beerdigung gilt jedem Menschen.
Diese Begleitung wird sichtbar und erfahrbar z.B. durch Rituale, Gespräch, Fürbitte, Feier und Spiel.
Zu 7:
Kinder und Jugendliche haben ihre eigene Würde in den Augen Gottes.
Das Jesuswort „Lasst die Kinder zu mir kommen…“ wertet die Lebensperspektive von Kindern auf. Kinder sollen sich in seiner Nähe nicht ausschließlich den Interessen und Bedürfnissen Erwachsener anpassen müssen. Um in der Nachfolge Jesu Kindern Heimat und Entfaltungsmöglichkeiten zu geben, betreibt die Kirchengemeinde eine Kindertagesstätte mit Hort. Darüberhinaus finden Kinder und Jugendliche in der Gemeinde Gesprächspartner bei der Orientierungssuche, Treffpunkte für Spiel und Spaß und Lernorte für ein verantwortungsbewusstes Leben mit und für andere.
Zu 8:
Kirchenmusik ist in Klang gebrachte Verkündigung der christlichen Botschaft. Sie kann durch die ihr eigenen Mittel diese Botschaft in besonderer Weise vermitteln.
Die Glocke „Magnifikat“ erinnert an den Lobgesang der Maria aus Lukas 1,46-55. Sie steht für die Lebensfreude in der Musik, für das Eintreten für Gerechtigkeit und auch für den Beitrag der vielen ehrenamtlichen Frauen in unserer Gemeinde, deren Arbeit oft im Hintergrund geschieht. Auch Philipp Nicolai, Theologe, Kirchenmusiker und Namenspatron der Mauenheimer Kirche, weist mit seinen hoffnungsvollen Chorälen „Wachet auf ruft uns die Stimme“ und „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ auf die Wirkkraft der Kirchenmusik.
Zu 9:
Der Glaube ist nur im Austausch und in gegenseitiger Ermutigung und Korrektur lebensfähig. Diese Gemeinschaft gründet in der Zuwendung Gottes. Martin Luthers Grundsatz des „Priestertums aller Gläubigen“ ermutigt uns, die uns von Gott anvertrauten Gaben in gegenseitigem Geben und Nehmen in der Gemeinde wirksam werden zu lassen.
So arbeiten in unserer Gemeinde haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitende weitgehend selbstständig, werden darin auch ermutigt und befähigt, aber fühlen sich der „gemeinsamen Sache des Evangeliums“ verpflichtet. Wir vergewissern uns in Gottesdienst, Bibelstudium, Gespräch und Gebet immer wieder darüber, was zu tun ist und in welchem Zusammenhang die Arbeit des/der einzelnen zu den Zielen und Werten der Gemeinde steht.
Evangelische Gemeindedemokratie heißt für uns: einander Fragen zu stellen und mit Gottes Wort gemeinsam nach Antworten zu suchen.
Zu 10:
Kirche ist ihrem Wesen nach öffentlich, denn das Evangelium verpflichtet uns zu öffentlicher Verkündigung. Deshalb muss sich Gemeinde öffnen mit offenen Türen in beide Richtungen: um Gastfreundschaft zu leben, Orientierung zu geben und Begegnung im Stadtteil und über die Gemeindegrenzen hinaus zu fördern. Wir wollen auf Menschen zugehen und sie zum miteinander Leben und Glauben einladen. Das tun wir als Christen nicht aus dem Motiv der Selbsterhaltung, sondern weil wir die Erfahrung weitergeben möchten, dass Glaube in einer Gemeinschaft Menschen trägt, hilft, Krisen und Übergänge zu bewältigen und zu einem verantwortlichen Handeln in der Gesellschaft anleitet.